Kunstfreund und Mäzen

Im Jahr 1968 erwirbt Schächter in einer Galerie im ersten Bezirk die Farblinolschnitte „Über fremden Planeten“ und „Antwort aus dem All“ von Gerhard Gutruf. Er möchte unbedingt den Künstler kennen lernen, der sich in diesen Jahren mit utopischen Visionen einer technoiden Formenwelt auseinandersetzt.

Nach einem ersten Atelierbesuch entwickelt sich schnell eine Freundschaft, und Friedrich Schächter ist seither fast täglich bei Familie Gutruf zu Gast. Gutruf ist fasziniert vom technischem Ambiente von MINITEK und studiert in den Räumen der Firma die komplizierten Apparaturen, die in seinen Federzeichnungen zur „Umweltreinigungsmaschine“, zur „Horizontmaschine“ oder zu anderen „Maschinenlandschaften“ transformiert werden.

Außerdem beauftragt Schächter seinen Künstlerfreund, eine Weihnachtskarte für seine Firma anzufertigen und initiiert damit die Linoldrucke der Serie „Kleine Variationen nach großen Meistern“, die er alljährlich als Firmen-Festtagsgruß versendet.

Sein Freund, Gerhard Gutruf, berichtet:

"Ein großes Anliegen war ihm der Besuch von Ausstellungen. Nur einige der letzten herausgegriffen: 1996 reiste er nach Den Haag, um mit Freunden und mir die erste ausschließlich der Kunst Vermeers gewidmete Ausstellung zu sehen. Im Dezember 1997 brachte Fritz Schächter von einer seiner zahlreichen Paris-Geschäftsreisen einen Katalog des Musée d´Orsay mit.

Selten erzählte er von einer Ausstellung so begeistert wie von der des dänischen Malers Vilhelm Hammershøi (1864 – 1916). Die geheimnisvolle, an Vermeer und Chardin erinnernde Stille der Gemälde faszinierte ihn. Die ästhetisch höchst anspruchsvolle Reduktion der Palette vor allem auf Erdfarben und feinste Grauwerte erzeugt eine sublime Grundstimmung, die über der klassisch anmutenden, summarisch aufgefassten Form Hammershøis liegt. Die strengen Gesetzmäßigkeiten folgenden Kompositionen werden durch beglückende Licht-Effekte belebt und akzentuiert. Der einsame Weg, abseits vom Mainstream dieses erst seit kurzem wieder als bedeutend wahrgenommenen Malers faszinierte ihn.

Seit 1972 ließ Friedrich Schächter von seinen Sekretärinnen Anna Fiedler und ab 1982 von Jutta Völz jährlich über hundert Gutruf-Linoldrucke als Weihnachtsgrüße der MINITEK weltweit verschicken. Waren Kind mit Komet und Engel und Apparizione Natalizia noch den Maschinenlandschaften zuzurechnen, so folgten ab 1976 mit La Natività nach Nicolas Poussin Linoldrucke der Serie Kleine Variationen nach großen Meistern. 2000 und 2001 wurden von der Firma Friedrich Schächter die letzten Festtagsgrüße versandt; die Serie versteht sich als Work in progress und zählt bis heute 97 Blätter.

G. Gutruf: Kleine Variationen nach grossen Meistern,
seit 1975, Öl auf Bütten

Auch seine großen internationalen Ausstellungen unterstützte Fritz des öfteren, selbst wenn er keine Gelegenheit fand sie selbst zu besuchen: so verfasste er etwa für die Gutruf-Spotlights-Schau in Pretoria 1998 das Vorwort und sponserte zusätzlich die Herstellung des Katalogs. Sein Text schloss folgendermaßen:

'Mit den großformatigen Tafeln und Objekten des in Arbeit befindlichen Space-Zyklus eröffnet der Künstler neue Sphären von Bildwelten; er verwendet eine erstaunliche Vielfalt bisher nicht oder selten genützter Techniken, Materialkombinationen mit überraschenden Effekten ebenso wie seine unverwechselbare Malerei. Gutrufs puristischer, intellektuell begründeter Perfektionismus, seine utopische und in bewusstem Widerspruch zur post-post-modernen Ästhetik befindliche Sehnsucht nach dem absoluten Kunstwerk erhält plötzlich spielerische Züge, die möglicherweise eine weitere Phase seines Schaffens einleiten.'

Im März 1999 konnte er es einrichten, anlässlich meiner Ausstellung im Museo da Electricidade für einige Tage nach Lissabon zu kommen. Zur Eröffnung der Gutruf-Ausstellung im International Yi Yuan Museum in Peking im Jahr 2000 kam er schon aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr – er sponserte aber auch dieses Projekt mit einem namhaften Betrag. Anfang 2002 lud er mich nach New York ein, um mir das von ihm gestiftete Schaechter Scholarship for Advanced Studies zu überreichen.

Mit seiner letzten Auslandsreise erfüllte er sich einen langgehegten Wunsch: er wollte die Scrovegni-Kapelle in Padua mit den einzigartigen Giotto-Fresken und Florenz sehen, das er bisher nur von vielen meiner Aquarelle her kannte. So fuhr ich mit ihm und meiner Frau Heidi über Padua nach Florenz."

 

 

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